Perfect Welding

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TPS/i WireSense Der Schweißdraht als Sensor

Roboter-Schweißsysteme in der industriellen Fertigung: Trotz hoher Präzision kommt es immer wieder zu Ungenauigkeiten. Mit dem Roboterassistenzsystem WireSense könnte Fronius die Fertigungstechnik nun revolutionieren: Der Schweißdraht wird zum Sensor. Auf Abweichungen in der Bauteilposition kann somit genauestens reagiert und Schweißnaht-Verläufe entsprechend korrigiert werden. Das reduziert Nacharbeit sowie Bauteilausschuss um bis zu 100 Prozent.

Industrielle Fertigung verlangt hochentwickelte Robotertechnik. Doch trotz nahezu perfekt ineinandergreifender Systeme kommt es immer wieder zu Ungenauigkeiten. Abweichungen in den vorgesehenen Schweißnahtverläufen sind Alltag und führen zu diversen Problemen beziehungsweise Bindefehlern in der Fügetechnik: Durchbrand, unzulängliche A-Maße, mangelhafte oder gar fehlende Verbindungen von Unter- und Oberblechen sind nur einige der möglichen Szenarien. In letzter Konsequenz gehen damit teure Nacharbeit, Bauteilausschuss sowie teilweise massiver Verzug in den Taktzeiten einher.

 

Messhilfen

Weichen die zu fügenden Bleche zu stark von der programmierten Schweißposition ab, sollte im besten Falle vor der Schweißung darauf reagiert werden. Bisher war das überwiegend durch manuelle Kontrolle oder Systeme aus dem Bereich der optischen Messhilfen möglich. Solche Kameras sind meist an den Brennerkörpern installiert – doch genau hier entstehen Probleme: Je nach Winkel und Form der Brenner ist die Sicht auf die Schweißnahtposition eingeschränkt. Viel häufiger jedoch ist die Bauteilzugänglichkeit begrenzt, optische Messhilfen haben schlichtweg keinen Platz. Der raue Arbeitsalltag setzt den Systemen außerdem zu, so dass immer wieder Wartungs- beziehungsweise Kalibrierungsarbeiten notwendig sind. Zusätzlich ist die Anschaffung dieser hochsensiblen Systeme äußerst kostenintensiv.

Fronius hat die Lücke im System erkannt und auf die komplexe Herausforderung im Bereich Roboterschweißen reagiert: Mit der Entwicklung von WireSense wurde die Stromquelle kurzerhand um eine signifikante Funktion erweitert – der Schweißdraht wird zum Sensor. Durch punktgenaues Abtasten mittels hochfrequent reversierender Drahtbewegung können nun Bauteilgeometrien erfasst sowie die Lage der einzelnen Bleche zueinander genauestens bestimmt werden.

 

Grundfunktion WireSense

Am Schweißdraht liegt eine äußerst geringe Sensorspannung an, der Strom wird dabei auf ein Minimum limitiert. Fährt der Roboter nun auf die gewünschte Position und startet den WireSense Vorgang, berührt der Schweißdraht in Folge das Bauteil und es entsteht ein Kurzschluss – aufgrund der äußerst geringen Leistung lediglich ohne Schweißung. Dieser wird anschließend durch Abheben des Drahtes wieder aufgebrochen. Die im Kurzschlussmoment entstandene Schweißdrahtpositionsänderung wird innerhalb der intelligenten Stromquelle TPS/i mittels spezieller Auswertealgorithmen analysiert und als Höhenmesssignal zur weiteren Verwendung – zum Beispiel in der Robotersteuerung – bereitgestellt.

 

WireSense – nur mit Hilfe von Robotern

Empfängt der Roboter nun das Signal, welches von der TPS/i ausgegeben wurde, kann er dieses infolge der aktuellen Position beziehungsweise Lage im Raum präzise zuordnen. Das jeweilige Höhenmesssignal wird hierzu mit den aktuellen Positionsdaten der Robotersteuerung – basierend auf dem dreidimensionalen Koordinatensystem – abgeglichen. Bezogen auf einen Referenzpunkt, welcher beim Starten des WireSense Vorgangs definiert wird, könnte somit jede Hebung und Senkung am Bauteil genauestens registriert werden.

Im weiteren Verlauf wäre es zum Beispiel möglich, Soll- und Ist-Werte miteinander zu vergleichen – also ein Abgleich von gespeicherten mit aktuellen Positionsdaten. Kommt es dabei zu Unterschieden, kann der Roboter durch entsprechende Berechnungen den sogenannten Tool Center Point (TCP) beziehungsweise das jeweilige Koordinatensystem korrigieren und somit Bauteil-Positionsänderungen entsprechend ausgleichen. Erst dadurch wird WireSense letztlich möglich.

AUF EINEN BLICK: Vorteile WireSense

WireSense

KANTENDETEKTION

  • Erkennung der Kantenposition für eine optimale Positionierung des Schweißstartpunkts und -endpunkts
  • Bauteil- und Spanntoleranzen können dadurch ausgeglichen werden
WireSense

DRAHT = SENSOR

  • Keine zusätzlichen optischen Messegeräte erforderlich
  • Hervorragende Bauteilzugänglichkeit
  • Kein Verschleiß
  • Keine Wartungs- oder Reinigungskosten
  • Keine Kalibrierung zwischen Sensor und TCP nötig
  • Einsparungen bis zu 20.000 € möglich
WireSense

HÖHENMESSUNG

  • Erkennung eines unerwünschten Spaltes
  • Erkennung von Blechstärken zwischen 0,5 - 20 mm - sowohl bei Stahl und Edelstahl als auch bei Aluminium
  • Messung mit hoher Präzision  und  Geschwindigkeit

Bauteilerfassung, Kantendetektion und Spalterkennung

Würde man den Roboter mit WireSense in endlos aneinander gereihten Bahnen über das Werkstück fahren lassen und dabei jeden Punkt erfassen, ließe sich theoretisch eine komplette Bauteilkontur in 3D abbilden. Demgemäß spricht man vom Contour-Sensing.

Das für die Fertigung wichtigste Tool dürfte aber die Kantendetektionsfunktion sein, zum Beispiel bei Überlappnähten. Dabei findet die zuverlässige Erkennung einer definierten Blechkante mittels Höhenvermessung statt. Im Vorfeld müssen auch hierfür Messwerte festgelegt werden, welche die genaue Blechkantenhöhe widerspiegeln. Anschließend schickt die Robotersteuerung diese sogenannten Schwellwerte unmittelbar vor einer WireSense-Suchfahrt an die TPS/i aus. Erkennt wiederum die Stromquelle Werte, welche über diesem Schwellwert liegen, ist die Blechkante erkannt und die TPS/i gibt umgehend ein digitales Touch-Signal aus. Anhand dieses Signals kann die Robotersteuerung ihre aktuellen Positionsdaten erst speichern, um im weiteren Verlauf den Tool Center Point zu korrigieren. Somit werden Bauteilungenauigkeiten in Form einer Kantenverschiebung vom Roboter automatisch erkannt, ausgeglichen und infolge ideale Schweißergebnisse erzielt. Zu beachten gilt es, dass die Kantendetektion im Dünnblechbereich bereits ab einer Materialstärke von 0,5 Millimetern möglich ist.

Da mit dem digitalen Touch-Signal auch die exakt vermessene Blechkantenhöhe übermittelt wird, ist WireSense in der Lage, einen möglichen Spalt zwischen den Blechen auszumachen – ein zusätzliches Kriterium, welches für den Drahtsensor spricht. Indem die Elektrode bereits im Vorfeld die Gesamthöhe zweier übereinander liegender Bleche genau erfasst hat, sind entsprechende Berechnungen anhand der Ist-Werte im Anschluss leicht möglich. Mittels dieser Messfunktion kann der Roboter also auf verschiedene Spaltmaße reagieren, indem er alle Schweißparameter individuell an die jeweilige Bauteilsituation anpasst und somit autonom eine Schweißung mit ausreichender Spaltüberbrückung durchführt. Insofern im Vorfeld genau definiert, wird für die unterschiedlich ermittelten Spaltmaße auf diverse in der TPS/i hinterlegte Schweißprogramme – sogenannte Jobs – zurückgegriffen.

Bisweilen sind die detektierten Spaltmaße derartig groß, dass eine Reduktion der Schweißgeschwindigkeit sowie eine Anpassung der Leistung nicht mehr ausreichen. Wo also Standard- oder Pulslichtbogen an ihre Grenzen stoßen, könnte der Roboter unter den TPS/i-Jobfunktionen auch auf den Schweißprozess Cold Metal Transfer zurückgreifen: Da das Schweißgerät für WireSense bereits mit den CMT-Hardware Komponenten ausgestattet sein muss, empfiehlt es sich, das Software Paket CMT gleich mit zu erwerben. Unter anderem nutzt CMT die reversierende Drahtbewegung, um bei geringster Wärmeeinbringung größtmögliche Spaltüberbrückung zu gewährleisten.

 

Einzigartige Präzision: Die Signalgebung durch CMT Ready

Ein Signal im Kurzschlussmoment auszugeben, ist noch kein Alleinstellungsmerkmal. Neben der beispielhaft schnellen internen Datenkommunikation ist die Voraussetzung für die Positionsmessung mittels Drahtelektrode vor allem der hochdynamische Fronius CMT Antrieb. Beziehungsweise sogenannte CMT Readysysteme – bestehend aus: Drahtvorschub am Drahtfass, Drahtpuffer und CMT Robacta Drive Antriebseinheit, also einem zweiten Drahtvorschub direkt am Brenner. In einer reversierenden (vor-zurück) Drahtbewegung, die bei etwa 100 Hertz stattfindet, lässt der hierin befindliche Elektromotor die Metalloberfläche vom Draht abtasten. Durch diesen hochfrequenten Abtastvorgang am Werkstück wird die benötigte Präzision und Auflösung erst möglich.

Darüber hinaus entscheidend ist der leistungsstarke, mikroprozessorgesteuerte Motorregler. Dieser gibt, je nach ausgewähltem Drahtmaterial, genaue Drahtgeschwindigkeitsprofile sowie angepasste Beschleunigungs- und Bremswerte vor, die wichtig sind, um Beschädigungen durch Verbiegen oder Abknicken – beim Auftreffen des Drahtes auf der Blechoberfläche – entgegen zu wirken. Auch auf Schlupfwerte, also vom Durchrutschen der Antriebsrollen hervorgerufene Ungenauigkeiten, die aufgrund des verwendeten Drahtmaterials unterschiedlich ausfallen, kann somit adäquat reagiert und die Präzision nochmals gesteigert werden.

Zur Detektierung der Drahtposition im Kurzschlussmoment werden die Istwert-Geber-Signale des Antriebsmotors exakt zurückgerechnet und ein entsprechendes Touchsignal generiert. Je nach Länge des Stickouts beim jeweiligen Aufprall werden hierbei auch alle Höhenänderungen erfasst, berechnet und an den Roboter übermittelt – eminent wichtig zur exakten Vermessung und anschließenden Erkennung der Blechkanten.

Nicht unerwähnt sollte auch die Besonderheit des Algorithmus zur exakten Erkennung der Blechkantenhöhe bleiben: Selbst wenn die abzutastende Fläche Unebenheiten aufweist, zum Beispiel in Form von schräg liegenden Blechen, kann die Kante problemlos detektiert und vermessen werden.

 

WireSense – Ein Schritt in die autonome Produktion

Liegt die ausschlaggebende Funktion für die Messung im Roboter – oder in der Stromquelle? Die Frage, wer daran entscheidenderen Anteil trägt, ist hinlänglich geklärt: Die Genialität der Erfindung liegt in ihrer Einfachheit. Fronius hat es geschafft, mit Hilfe des hochsensiblen und dynamischen CMT Antriebs sowie einer speziellen Reglersoftware die Grundlage eines weltweit etablierten und in der Praxis unverzichtbaren Schweißprozesses (CMT) so zu erweitern, dass hierdurch erstmals Vermessungsprozesse möglich werden. Nur durch das Zusammenspiel der einzigartigen CMT Hardware, dem perfektionierten Motorregler und der ausgeklügelten Steuerungssoftware kann der Schweißdraht zum Sensor werden. WireSense funktioniert dabei mit jeder Standard-Schweißausrüstung für den CMT-Prozess, unter Verwendung aller gängigen Zusatzmaterialien.

Diesen Sensor stellt Fronius seinen Kunden nun zur Verfügung. Infolge ist jedoch umfangreiches Know-how in der Roboterprogrammierung unerlässlich. WireSense ist deshalb am besten in den Händen von Roboter- oder Systemintegratoren aufgehoben. Vom Kunden sollten diese folglich verpflichtet werden, die in der Stromquelle integrierte Sensortechnologie in die jeweilige Fertigung zu implementieren. Wünschenswert wären für die Zukunft einfache Benutzeroberflächen, die in Form von vorgefertigten Applikationen auf das jeweilige Robotersystem zugeschnitten sind. 

Einerseits wäre dadurch der universelle und einfach handhabbare Einsatz von WireSense gewährleistet. Vor allem aber erreicht die industrielle Fertigung dadurch ihr nächstes Level: ein wichtiger Schritt in die autonome Produktion.